Zum 110. Mal jährt sich der Internationale Weltfrauentag

Die Dachauer Kreisrätinnen sagen: Es ist noch immer viel zu tun.

Vor 110 Jahren gingen zum ersten Mal weltweit Millionen von Frauen auf die Straße, um für Wahlrecht, bessere Arbeitsbedingungen, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung zu kämpfen. Wir Frauen haben viel erreicht. Seit 1919 dürfen wir wählen, seit 1957 brauchen wir keine Erlaubnis unserer Männer mehr, um arbeiten zu gehen, seit 1997 ist die Vergewaltigung in der Ehe strafbar.  Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März machen die Kreisrätinnen des Landkreises Dachau darauf aufmerksam, dass es aber noch viel zu tun gibt – auch bei uns vor Ort.

Vor zwei Jahren solidarisierten sich die Kreispolitkerinnen interfraktionell, um Frauen stärker sichtbar zu machen und ihre Belange in den Fokus zu rücken, so die Initiatorinnen Marese Hoffmann (Grüne) und Stephanie Burgmaier (CSU). Längst sind durch die Kommunalwahlen im letzten Jahr neue Gesichter dazugekommen und auch die Anzahl der Frauen hat sich von rund 23 auf 31 Prozent im Kreisgremium erhöht. Der Austausch unter den Frauen hält an. „Und das trotz unterschiedlicher politischer Ausrichtung und persönlicher Lebensentwürfe, denn es geht uns um die Sache“, betont Stephanie Burgmaier. Erst kürzlich diskutierten die Rätinnen intensiv über die Auswirkungen der Pandemie und wandten sich auch schriftlich an alle Rathauschefs im Landkreis hier ein stärkeres Augenmerk auf die Situation der Familien zu haben.

„Auch in unserem Landkreis arbeiten überwiegend Frauen in systemrelevanten Berufen, wie beispielsweise in der Pflege, den Kitas, im Einzelhandel, bei Reinigungsfirmen, zudem übernehmen sie einen Großteil der privaten Fürsorgearbeit. Und genau sie waren es, die in der Pandemie oft über die Grenzen ihrer Belastbarkeit gehen. Die Kita-Erzieherin, die in der Krise weitergearbeitet hat und dabei Angst hatte, ihre pflegebedürftigen Eltern anzustecken oder nicht mehr versorgen zu können. Die Frau mit Fluchthintergrund, deren Kinder durch wochenlange Quarantäne die Grundstücke der Sammelunterkünfte nicht verlassen durften. Die alleinerziehende Krankenpflegerin, die nach den Nachtschichten ihre Kinder im Distanzunterricht begleitet hat. Die Frau, die von ihrem Partner psychisch und physisch misshandelt wurde, deren Weg um Hilfe zu erhalten aber durch die Einschränkung versperrt wurde“, weiß Lena Wirthmüller (Bündnis) zu berichten.

„Jeden Tag versucht ein (Ex-)Partner eine Frau umzubringen. Jeden dritten Tag gelingt es. In DAX-Vorständen sitzen mehr Männer als Frauen. Frauen sind zu 20% häufiger von Altersarmut betroffen. In Deutschland ist es ein Steuervorteil, wenn die Frau zuhause bleibt. Die Sicherheit unserer Autos, die Diagnostik unserer Mediziner, die Medikamente, die wir nehmen – das alles ist auf Männer ausgelegt, die Datengrundlage lässt Frauen unsichtbar werden“, fährt Marese Hoffmann fort.  

Im Landkreis Dachau leben fast 80.000 Frauen.  Flächendeckende Kinderbetreuung für Kita- wie Schulkinder zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, echte Anerkennung der Fürsorgearbeit – auch in finanzieller Hinsicht -, Frauenförderung, Beratungsangebote, Schutz vor Gewalt gegen Frauen und die Möglichkeit, sich räumlich von gewalttätigen Partnern zu trennen – das heißt ausreichend Plätze im Frauenhaus – müssen selbstverständlich sein.

„Unser Anliegen ist es, alle diese Themenstellungen sichtbar zu machen und immer wieder anzusprechen“, erklärt Marese Hoffmann. „Kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander der Geschlechter“, ist den Kreisrätinnen  wichtig. Davon profitieren alle auch die Männer. Denn auch über junge männliche Kollegen habe Stephanie Burgmaier schon gehört: „Ach, der fehlt schon wieder, der muss bei seiner Familie sein, Kind ist krank.“ Man brauche aber eine andere Kultur: „Toll, der kümmert sich um seine Familie, der weiß, wovon er spricht!“

Wie es konkret um die Frauenförderung in der Kreisverwaltung steht, wollen die Kreisrätinnen per Antrag erfahren. Gleiches gelte auch für die Gemeinde- und Stadtverwaltung, erklären Dagmar Wagner und Sabrina Spallek, die auch stellvertretende Bürgermeisterinnen in ihren Heimatgemeinden sind. Nur wenn Frauen gleichberechtigt vertreten seien, ändere sich die Sichtweise auf Themen und ihre Bedürfnisse werden besser gehört, was sich zwangsläufig auch in der Arbeitskultur zeigt.

Unsere Gesellschaft ist vielfältig und immer mehr Menschen wollen echte Gleichberechtigung, kein Geschlecht darf ausgegrenzt werden“, betont Dagmar Wagner (Freie Wähler) – gerade im Interesse der 10.000 Mädchen im Landkreis.